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Montag, 31. Dezember 2012

Ein kleiner Jahresrückblick zur Netzpolitik

2012 ist viel passiert im Bereich der Netzpolitik. Ein kleiner - subjektiver und nicht vollständiger - Rückblick:

  • Jänner: In den USA wird der Gesetztesentwurf zu SOPA gestoppt, während sich in Europa die ersten Widerstände gegen ACTA regen.
  • Februar: Am 11. 2. kommt es europaweit zu Demonstrationen gegen ACTA, darunter auch in Innsbruck mit über 1.000 Teilnehmern. Es folgen weitere, kleinere Demos.
  • März: Am Tag vor der Einführung der verdachtsunabhängigen Vorratsdatenspeicherung mit 1. April finden in vielen österreichischen Städen Demonstrationen am 31. 3. statt. Auch in Innsbruck wurde die Privatsphäre symbolisch zu Grabe getragen.
  • April: Gemeinsam mit AKVorrat starten die Grünen bundesweit eine Sammel-Verfassungsklage gegen die Vorratsdatenspeicherung. Diese wird insgesamt von über 11.000 Menschen unterstützt und am 15. Juni eingereicht. Die BürgerInneninitiative "Stoppt die Vorratsdatenspeicherung" wird von über 106.000 Menschen unterzeichnet.
  • Juli: Mit 478 Gegenstimmen wird das Anti-Piraterie-Abkommen ACTA vom europäischen Parlament abgelehnt. Dieser Erfolg wäre ohne die Demonstrationen im Februar und Juni nicht zustande gekommen!
  • September: Am 8. und 9. 9. findet die erste Konferenz zur Netzpolitik "Daten, Netz, Politik" (#DNP12) in Wien statt.
  • Oktober: Das Parlament beschließt die Einführung der elektronischen Gesundheitsakte (ELGA) trotz massiver bedenken von Datenschützern.
  • November: Das Hearing im Jusitzausschuss des Parlaments zur Vorratsdatenspeicherung wird leider zur Farce. Und bei der Landesversammlung der Tiroler Grünen wird das Kapitel "Netzpolitik" für das Landesprogramm beschlossen (mehr dazu folgt in einem eigenen Beitrag im Jänner März).
  • Dezember: In Dubai findet die Weltkonferenz zur Telekommunikation (WCIT) der Internationalen Fernmeldeunion (ITU) statt. Viele der teilnehmenden Länder fordern ein stärkere Überwachung des Internets ("Deep-Package-Inspection"), was die EU und die USA ablehnen. Das Abschlussdokument der Konferenz wird deshalb von vielen Staaten nicht unterschrieben.
Auch 2013 wird ein spannendes Jahr, da bin ich mir sicher. Ich wünsche allen einen guten Rutsch, wir lesen uns 2013!

Donnerstag, 29. November 2012

Sind Filesharer Terroristen?

Nachdem über 100.000 Menschen die BürgerInneninitiative "Stoppt die Vorratsdatenspeicherung" unterschrieben haben, lud der Justitzausschuss des Parlaments gestern zu einem Hearing mit Experten. Mit dabei waren u.a. Vertreter der AKVorrat, des Max Planck Institus für ausländisches und internationales Strafrecht, des Ludwig Boltsmann Insituts für Menschenrechte, der Präsident der Rechtsanwaltskammer und alle fanden klare Worte gegen die Vorratsdatenspeicherung:
  • Kriminelle wissen, wie man die VDS umgehen kann
  • Die Eingriffe in die Grundrechte sind unverhältnismäßig und überzogen
  • Die Sinnhaftigkeit der VDS ist nicht belegt
  • 188 mal wurde seit der Einführung im April auf Vorratsdaten zugegriffen, doch kein einziges Mal wegen "terroristischer Aktivitäten", weshalb sie eigentlich eingeführt wurde
Das Ziel der BürgerInneninitiative ist die Abschaffung der verdachtsunabhängigen(!) Vorratsdatenspeicherung und eine Intervention Österreichs in der EU, um die EU-Richtline zur Vorratsdatenspeicherung zu revidieren. Im Gegenzug dazu brachten die Vertreter von ÖVP und SPÖ jedoch einen nichtssagenden Antrag ein, die "Erkenntnisse des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) und des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) zur Vorratsdatenspeicherung möglichst rasch umzusetzen", was die Bundesregierung sowieso muss - ein Stück nutzloses Papier also.

Was aber am bedenklichsten ist: Die Vorratsdatenspeicherung könnte laut Justitzministerium in Zukunft nicht nur zur Bekämpfung von Straftaten laut Strafgesetz eingesetzt werden, sondern auch bei Verstößen gegen das Urheberrecht. Damit würde sich die Justitz zum verlängerten Arm der Content-Industrie machen und das mit einem Gesetz, welches eigentlich zur Terrorismusbekämpfung gedacht war. Sind Filesharer jetzt Terroristen?

Bleibt zu hoffen, dass die von den Grünen mitgetragene Verfassungsklage gegen die VDS diesem Unsinn bald ein Ende setzt oder dass der EuGH endlich ein Machtwort spricht - für Bürgerrechte und gegen sinnlose Totalüberwachung.

Links:
» Vorratsdaten: Bisher 188 Abfragen durch Behörden in Österreich (derstandard.at)
» Enttäuschendes Ergebnis zur BürgerInneninitiative “Stopp Vorratsdatenspeicherung” im Justizausschuss (albertsteinhauser.at)
» www.verfassungsklage.at
» www.akvorrat.at

Mittwoch, 10. Oktober 2012

Ja zur Kultur-Flattax - Nein zur unkontrollierbaren Überwachung!

Auch wir Grünen sind keine perfekten Menschen (obwohl wir uns redlich bemühen) und manchmal kommt es auch bei uns vor, dass jemand eine eigentlich gute Idee mit weniger guten Mitteln verkaufen will.

Die Diskussion über illegale Downloads ist keine einfache: Kunstschaffende, Medienkonzerne und User argumentieren seit Jahren in unterschiedliche Richtungen und immer wieder werden stärkere Gesetze zur Überwachung gegen Urheberrechtsverletzungen gefordert. Auch in dem - von uns allen verhinderten - Abkommen ACTA gab es Artikel, welche die Kontrolle von Usern durch Provider vorschlugen, was zu den massenhaften Protesten und schließlich zum Ratifizierungsstopp geführt hat. In Österreich wird seit einigen Monaten auch über eine mögliche Festplattenabgabe diskutiert, die den Medienkonzernen und Künstlervereinigungen den vermeintlich entgangenen Gewinn über Umwege wieder einbringen soll (siehe dazu meinen Beitrag über Das Kunstwerk im Zeitalter seiner virtuellen Reproduzierbarkeit).

Als Alternative zu solchen repressiven oder abzockerischen Maßnahmen gibt es einen Vorschlag, den ich persönlich für den besten halte: Die Kultur-Flattax. Jede und jeder mit Internetanschluss zahlt pro Monat einie gewisse Summe und kann dafür downloaden, was immer das Herz begehrt. Die dadurch eingenomme Summe wird dann auf die Rechteinhaber verteilt und die User besitzen alles legal.
Die Details bei diesem Modell gehören natürlich noch geklärt, so etwa die Frage, wer denn eigentlich das Geld bekommt. Die Konzerne? Dann bekommen die kleinen, selbstständigen Künstler nichts, nur die bekannten. Oder Künstlervertreter wie die AKM? Aber was ist, wenn ein Künstler dort nicht Mitglied werden will?
Außerdem wird hier auch nicht auf das grundsätzliches Problem der Rechteinhaber und -verwerter eingegangen, weil oft die Kunstschaffenden gar nicht mehr im Besitz ihres eigenen "geistigen Eigentums" sind. Dafür bräuchte es ein eigenes Urhebervertragsrecht, das es noch nicht gibt.
Trotzdem würde eine Kultur-Flattax das grundsätzliche Problem der illegalen Downloads ein für alle mal aus der Welt schaffen und ist eine unterstützenswerte Idee.

Gestern hat der grüne Kultursprecher Wolfgang Zinggl diesen Vorschlag wieder einmal eingebracht, allerdings in Kombination mit einer gefährlichen Überlegung. Er sagt in einem Artikel zum Standard: "Verteilt werden sollte das Geld je nach Nutzung der Inhalte, und diese könnte man über neue Softwaresysteme feststellen, die genau messen, was an Up- und Downloads auf ausgewählten Geräten stattfindet - freiwillig natürlich, betont Zinggl."
Trotz aller Freiwilligkeit gibt es hier einige Probleme: Wer speichert diese Daten? Wie werden diese ausgewertet? Wer garantiert für die Datensicherheit? Nehmen wir an, jemand in einer gehobenen und seriösen Position lädt sich ein paar Pornos runter und die Datenbank mit den Download-Informationen gerät in die falschen Hände. Damit wäre die Person massiv erpressbar.  Und auch unabhängig von solchen Beispielen ist das sammeln von großen Datensätzen immer mit dem Risiko verbunden, dass diese irgendwann nicht mehr nur dort liegen, wo sie eigentlich sollten.

Ich sage also weiterhin ja zur Kultur-Flattax, aber ganz entschieden nein zu irgendwelchen Monitoring-Systemen. Besser wäre es, ein Modell zu entwickeln, dass auf Seiten der Hoster, wo die Künstler und Firmen ihre Werke bereitstellen, ein Zählwerk zu installieren - anonymisiert und standardisiert versteht sich. So wären wir einen Schritt weiter in Richtung einer offenen und freien Gesellschaft, wo Kunst und Kultur allen zugute kommt.

Dienstag, 25. September 2012

Digitale Bürgerbeteiligung in Innsbruck
oder: InnPiraten - klarmachen zum Kentern

Die Sommerpause ist vorbei und auch ich melde mich zurück, diesmal mit einem Thema aus dem Innsbrucker Gemeinderat.

In der GR-Sitzung im Juli durften die InnPiraten (die gemeuterte Splittergruppe der PPT) den Titel der aktuellen Stunde vorgeben und wählten "Einsatz von digitalen Medien (Web-2.0-Anwendungen) zur Verbesserung der Bürgerbeteiligung und Transparenz". An sich ein ausgezeichnetes Thema, welches die Aufmerksamkeit der Politik verdient und mehr forciert werden sollte, um vor allem die jüngeren Bürgerinnen und Bürger mehr und direkter an den politischen Prozessen zu beteiligen. Trotzdem war der Titel aus meiner Sicht etwas seltsam gewählt, weil 1. Medien keine Anwedungen sind, 2. Medien nur einen Teil des "Web 2.0" darstellen und 3. der Begriff "Web 2.0" eigentlich Marketing-Neusprech ist, der keine technische Neuerung, sondern nur die erweiterte Verwendung von Technologien bezeichnet. Nennt mich kleinkariert, aber ich habe täglich im Berufsleben mit diesen Begriffen zu tun und erkenne "Bullshit-Bingo" relativ schnell, wenn es mir vorgesetzt wird ;-)

Wir Grüne haben uns zur digitalen BürgerInnenbeteiligung einige Gedanken gemacht und ich durfte folgende Ideen und Forderungen präsentieren:
  • Live-Streaming (und am Besten ein Video-Archiv) der Innsbrucker Gemeinderatssitzungen.
  • Digitale Partizipation: Eigene Umfrage-Portale wie Meine Stadt. Meine Meinung. sind ein wichtiger Schritt in Richtung BürgerInnenbeteiligung, trotzdem darf dieses Mittel nicht zur medialen Selbstprofilierung der Stadt genutzt werden, sondern muss auch kritischen Stimmen und Meinungen Platz bieten.
  • Open Government Data: "Open Data" bezeichnet offene, allgemeine und verwertbare Datensätze, die (natürlich anonymisiert, sofern personalisiert) der Wissenschaft, Forschung, Wirtschaft, etc. zur Verfügung gestellt werden. Dadurch können verschiedenste Anwendungen entwickelt werden, von Verkehr-Apps über Umwelt- und Luftbelastung bis hin zu demographischen Tools. Viele Beispiele finden sich unter opendata-showroom.org und opendata-network.org, in Innsbruck hat sich vor kurzem die Initiative InnsbruckOpen gegründet und von Land und Bund gibt es auch schon entsprechende Projekte.
  • Soziale Netzwerke: Stadtmarketing und TVB machen es schon vor und zeigen uns, wie sich eine lebendige Stadt wie Innsbruck auf Facebook oder Twitter präsentieren kann. Diese Kommunikationskanäle sollten aber nicht nur touristisch und marketing-technisch genutzt werden, sondern auch als Möglichkeit der direkten politischen BürgerInnenbeteiligung angesehen werden, z.B. für Informationen über Baustellen & Umleitungen, Feinstaubbelastung oder Baumfällungen.

So viel zu unseren Standpunkten, jetzt kommt der lustige Teil. Die InnPiraten, welche ja das Thema überhaupt erst vorgeschlagen hatten, präsentierten im Gemeinderat einen ziemlich skurrilen Vorschlag:
Die Stadt Innsbruck soll pro Quartal (!) 250.000 Euro für "sozial Projekte" zur Verfügung stellen, über die online abgestimmt werden kann und zwar mit einem "Daumen hoch oder runter"-Prinzip. Unabhängig von der Sicherheit und Beeinflussbarkeit solcher Systeme muss man sich erstmal fragen, wer und wieviele an einer solchen Abstimmung teilnehmen, wenn man bedenkt, dass schon bei einer Plattform wie Meine Stadt. Meine Meinung. nur circa 400 Personen registriert sind, wie wir Grünen aus einer Anfragefragebeatwortung vom Jänner wissen.
Aber es kommt noch besser (oder schlechter)... In der September-Ausgabe von Innsbruck Informiert steht folgende Passage im Fraktionsbeitrag der Piraten: "Am Ende eines Quartals, werden die Daumen hoch oder runter gezählt und durch die 250.000 dividiert, somit kommt ein konkreter Wert für jeden Daumen zusammen und diesen Betrag bekommen die Projekte dann als Bonus zur freien Verfügung ausbezahlt." Machen wir mal ein kleines Rechenbeispiel und nehmen an, ein Projekt hat 250 "Daumen hoch" bekommen: 250 durch 250.000 ist? ... Genau: 0,001 €, also 0,1 Cent! Sogar, wenn ein Projekt 250.000 "Daumen" bekommen würde, wäre das genau 1 € pro Projekt.
Ich frage mich: Stellen sich die InnPiraten so digitale BürgerInnenbeteiligung vor oder ist das ein Geheimplan zur großen Abzocke? Die Antwort ist aber wahrscheinlich viel einfacher: Die Piraten beherrschen nicht einmal die Grundrechenarten.
Im Text geht es dann noch angriffig weiter gegen uns: "Web 2.0 ist für die Grünen nur ein Modewort [Anm.: Das habe ich nie gesagt]: Das gibt es gar nicht?! Na ja, sie haben ja ihre Spezialisten!"
Danke für das Kompliment! Aber die wahren "Spezialisten" seid wohl ihr. 

Mittwoch, 29. August 2012

#DNP12: Daten.Netz.Politik

Ein Veranstaltungstipp für alle Interessierten, die am 8. und 9. September in Wien sind: Der Datenschutzkongress #DNP12 widmet sich u.a. der Frage wie es nach ACTA auf EU-Ebene weitergeht, wie es mit der Verfassungsklage gegen die Vorratsdatenspeicherung aussieht, warum Netzneutralität so wichtig ist oder was Data Dealer sind.

Weitere Informationen findet ihr hier: https://dnp12.unwatched.org
Das volle Programm ist hier: https://dnp12.unwatched.org/programm

Dienstag, 31. Juli 2012

Europe vs. Facebook? Nicht mit Irland...

Was passiert, wenn man auf Facebook einen Eintrag löscht? Wird dieser dann auch wirklich aus allen Datenbanken von Facebook entfernt oder nur nicht mehr auf der Seite angezeigt? Warum reichen die Chat- und Messenger-Protokolle so weit in die Vergangenheit zurück? Wie lange werden diese Protokolle von Facebook aufbehalten?

Diesen und weiteren Fragen sind 2011 einige Wiener Studenten auf den Grund gegangen und wollten wissen, wie genau es Facebook eigentlich mit der europäsichen Datenschutzrichtlinie nimmt. Auf Anfrage (laut EU-Datenschutzrecht darf jeder User die Daten anfordern, die über ihn oder sie aufgezeichnet wurden) bekamen die Studenten tausende von Seiten gespeicherter Inhalte, obwohl diese auf den Facebook-Profilen gar nicht mehr sichtbar waren. Facebook hat die Einträge also nur auf "unsichtbar" geschalten und eigentlich jede Kleinigkeit penibel für alle Zeit gespeichert. Warum will Facebook all diese Daten? Ganz einfach: Aus den Rohdaten der User können über Algorithmen Profile für Werbekunden errechnet werden, die Facebook dann an Firmen verkauft.

Weil dieses "Datamining" laut europäischem Datenschutzrecht unzulässig ist, zogen die Studenten um den Initiator Max Schrems vor Gericht und leiteten ein Verfahren bei der irischen Datenschutzbehörde ein (der europäische Firmensitz von Facebook ist in Dublin), die für die Durchsetzung europäisches Rechts zuständig wäre. Diese hat nun aber - skurrilerweise per sms - mitgeteilt, dass sie nicht mehr weiter gegen Facebook ermitteln wird, der Fall für sie abgeschlossen ist und sie keinen weiteren Kontakt in dieser Sache wünscht. Besonders lustig ist auch der Umstand, dass in der irischen Datenschutzbehörde anscheinend keine Juristen beschäftigt sind.
Die Gruppe mit dem Namen "Europe vs. Facebook", die den gesamten Briefwechsel online gestellt hat und will sich jetzt nächste Woche mit den Anwälten beraten, wie es weitergeht.



Mittwoch, 11. Juli 2012

[Off-Topic] Was haben ÖVP und Vatikan gemeinsam?

Oder: Wie man das Gegenteil von dem erreicht, was man eigentlich möchte und alles nur noch schlimmer macht.

Zugegeben, ich stehe weder dem Vatikan noch der ÖVP besonders nahe, aber irgendwie tun sie mir schon fast leid...
Was ist geschehen? 1. Das Satiremagazin Titanic hat mit einem Heftcover den Papst beleidigt. 2. Die ÖVP hat eine interne Strategie-Fibel gegen das Schreckgespenst Rot-Grün verfasst. So weit, so schlecht. Aber der Reihe nach:

Titanic ist nicht bekannt für die feine humoristische Klinge. Das neueste Cover kann sehr wohl als "geschmacklos" bezeichnet werden, zeigt es doch den "Heiligen Vater" mit einem gelben Fleck auf der Soutane und dem Titel "Halleluja im Vatikan - Die undichte Stelle ist gefunden!"
Das neue Cover?

"Titanic verboten!
Der Papst im Freudenrausch!"

Auch wenn das nicht gerade der feinen englischen Art enspricht, hätte der Papst gut daran getan, Satire Satire sein zu lassen und sich nicht einzumischen. Nachdem er sich aber dazu entschieden hatte, gegen das Magazin gerichtlich vorzugehen und mit einem Ordnungsgeld von € 250.000 (!) zu drohen, hat Titanic das entprechende Cover geschwärzt und die Geschichte an die Presse weitergespielt, was dazu geführt hat, dass alle Zeitungen darüber berichten und das (ungeschwärzte) Bild auf hunderten Blogs im Internet zu finden ist. Per nachfolgender Pressemitteilung meinte Titanic daraufhin: "Der Titel zeige einen Papst, der nach der Aufklärung der Spitzelaffäre ("Vatileaks") feiert und im Überschwang ein Glas Limonade über seine Soutane verschüttet hat". Der Chefredakteur ergänzt: "Wir werden sämtliche Rechtsmittel ausschöpfen und notfalls bis zum Jüngsten Gericht ziehen."

Einen ähnlichen Bock hat die ÖVP mit ihrer Anti-Rot-Grün Fibel geschossen: Dummerweise bekam die Kronen-Zeitung die nur für interne Wahlkampfzwecke gedachte Fibel in die Finger (und hat daraus gleich die Hautpschlagzeile gemacht). Der Inhalt ist schnell erklärt: Auf 61 Seiten finden sich spektakuläre Sätze wie "Rot-Grün heißt Guantanamo-Häftlinge in Österreich", "Rot-Grün heißt Chaos und Anarchie" oder "Rot-Grün heißt Abschaffung der Ehe".
Die Verfasser dieser unsinnigen Aussagen haben aber leider das Gegenteil von dem errecht, was sie wollten: Die Twitter-Community hat bei dem lustigen Spiel mitgemacht und unter dem Hashtag #fibel viele weitere wunderbare Sätze kreiert, wie etwa "Rot-Grün heißt: Fahrradspur auf Autobahnen", "Rot-Grün heißt verpflichtende Dreadlocks für alle im Staatsdienst", "Rot-Grün heißt Servus GenossIn anstatt Grüß Gott", "Rot-Grün: Martin Balluch ist Umweltminister und der Mafia-Paragrah wird gegen Jagdgenossenschaften angewendet" oder "Rot-grün heißt Staatsbürgerschaftstest auf Türkisch" :)
Der ÖAAB versuchte die Situation mit einer Presseaussendung zu retten, allerdings bezweifle ich sehr, dass das mit Sätzen wie "ist es unsere Pflicht, die Bevölkerung auf die Gefahren einer rot-grünen Koalition hinzuweisen" oder "Unsere Risikoanalyse (?) ist ja nicht aus der Luft gegriffen, sondern beruht auf konkreten Erfahrungen und Inhalten" gelingen wird.

© raketa.at
Die Angstpropaganda der ÖVP ist also nach hinten losgegangen, bevor sie überhaupt begonnen hat. Und der Papst ist jetzt wegen einem Satire-Cover weltweit in den Medien, obwohl er genau das verhindern wollte. Was lernen wir daraus? Wenn schon etwas schiefgelaufen ist, sollte man nicht noch Öl ins Feuer gießen, sonst wird's wirklich schlimm.

Donnerstag, 5. Juli 2012

ACTA ist Geschichte... oder doch nicht?!

Die europaweiten Demonstrationen gegen ACTA haben ihre politische Wirkung entfaltet:
Zuerst wurde das unsägliche Anti-Piraterie-Abkommen von fünf Ausschüssen des EU-Parlaments abgelehnt (sogar in den eigentlich eher konservativen, wie dem Handels- und dem Rechtsausschuss). Und gestern hat das EU-Parlament selbst eindeutig gegen ACTA votiert: 478 der MEPs stimmten dagegen, 39 dafür und 165 enthielten sich der Stimme.

Dieser Erfolg geht auf das Konto von uns allen :-) Wären wir nicht im Februar gegen ACTA auf die Straße gegangen, wer weiß, wie die Abstimmung ausgegangen wäre. Darum ein herzliches Danke an alle, die an den Demos teilgenommen oder sich aktiv beteiligt haben und auch an die Abgeordneten - ganz besonders Eva Lichtenberger -, die dagegen gestimmt haben!

 Die Grünen Angeordneten im Europaparlament:
"Hello Democracy - Goodbye ACTA" 
Nach der Ablehnung des EU Parlaments ist ACTA formell gestorben, weil es von diesem ratifiziert werden muss (trotzdem kommt noch eine Prüfung des Abkommens vom Europäischen Gerichtshof). Es kann jetzt nur "durch die Hintertür" - das heißt, mit jedem Staat der EU einzeln von den anderen Vertragspartnern ausgehandelt werden. Allerdings glaube ich, dass auch dieser Versuch scheitern wird, weil die Stimmung zu ACTA in der Bevölkerung und auch in der Politik inzwischen ziemlich negativ ist.

Seltsamerweise scheinen das aber einige - vor allem konservative - Mitglider der Komission und des Parlaments nicht mitbekommen zu haben und halten weiterhin an ACTA fest:
Elisabeth Köstinger von der ÖVP meint, dass die "Ablehnung des ACTA-Abkommens [...] die EU im internationalen Kampf gegen Produkt- und Markenpiraterie" um Jahre zurückwirft, anstatt zuzugeben, dass dadurch eigentliche Produktfälschung gar nicht geahndet werden kann, weil Staaten wie China nicht an dem Abkommen teilnehmen.
Marielle Gallo von der "Neuen Linken" (die in der Fraktion der EVP/PPE sitzt) glaubt, dass Anonymous das Polnische Parlament infiltriert hat und Handelskommissar De Gucht droht damit, ACTA dem Parlament nach der Prüfung durch den EuGH nochmal vorzulegen, obwohl Organisationen wie Ärzte ohne Grenzen dezediert davor warnen: "ACTA ist ein direkter Angriff auf das Leben von Patienten in ärmeren Ländern".

Gestern war ein guter Tag für die Demokratie und die Bürgerrechte in Europa. Hoffen wir jetzt, dass die Versuche, ACTA doch noch direkt oder indirekt (etwa durch IPRED oder INDECT) einzuführen, genauso wenig Erfolg haben werden.

Donnerstag, 14. Juni 2012

Grüner Parlamentsklub widmet Klausur der Netzpolitik

Die Bundesgrünen haben die Klausur des Parlamentsklubs vergangenen Montag der Netzpolitik gewidmet. Dabei wurde u.a. Marco Schreuder als neuer Sprecher für Netzpolitik vorgestellt - was mich persönlich sehr freut, weil wir damit einen der fähigsten Experten für dieses Thema als offizielles Sprachrohr haben. Inhaltlich wünschen sich Schreuder und Albert Steinhauser (Justizsprecher) ein "Informationsfreiheitsgesetz", eine gesetzliche Festschreibung der Netzneutralität und mehr digitales Bürgerservice, etwa durch mehr OpenData-Projekte.

Weitere Informationen gibt es unten im Video und auf futurezone.

Mittwoch, 9. Mai 2012

Das Kunstwerk im Zeitalter seiner virtuellen Reproduzierbarkeit

Es ist fast schon lächerlich: Die Verwertungsgesellschaften steigern Quartal um Quartal ihre Gewinne und wollen trotzdem doppelt und dreifach abkassieren. Jetzt soll also eine "Festplattenabgabe" kommen, weil die alte "Leerkassettenvergütung" immer weniger einbringt. Argumentiert wird das von Kunstministerin Schmied so: "Kunstschaffende müssen mit ihren Leistungen Einkommen erzielen". Das klingt gut und richtig, spannender ist allerdings was sie nicht sagt: Dass vor allem die großen Musik- und Filmunternehmen an den Urheberrechtsabgaben verdienen und zwar über die Verwertungsrechte an den eigentlichen Kulturgütern. Um dafür zu sorgen, dass wirklich die Kunstschaffenden gut von ihrem Beruf leben können müßte also das Urheberrecht gestärkt und das Verwertungsrecht zu Gunsten der Künstler überarbeitet werden, etwa mit einem Urhebervertragsrecht (welches es bis heute in Österreich nicht gibt). Steuern auf Hardware sind aber eindeutig der falsche Weg.

Die Fronten sind verhärtet. Ein Teil der Internet-Community will Kultur konsumieren, ohne auch nur einen Cent dafür zu bezahlen, die anderen zahlen brav bei iTunes oder Amazon. Die Verwertungsgesellschaften sind sauer auf die, die nichts zahlen wollen und bitten deshalb die, die schon bezahlt haben nochmal zur Kasse. Und die Künstler haben großteils keine Ahnung oder Meinung, klammern sich an ihre (oft mickrigen) Verträge und halten sich meistens mit Brotberufen über Wasser, bis auf diejenigen, die so bekannt sind, dass sie genug Aufträge haben und außerdem auch noch einen größeren Anteil vom Verwertungskuchen bekommen. Letztere lassen sich dann auch gerne von den Konzernen vor den Karren spannen und schimpfen auf die bösen Konsumenten. Und als Reaktion auf die geforderte Gebühr hat AnonAustria die Website der Austromechana mit DDoS-Attacken lahmgelegt.

Das Problem des Kopierens - der Reproduzierbarkeit - eines Kunstwerks ist spätestens seit Walter Benjamin ein offenkundiges. Verlor das Kunstwerk vor 80 Jahren aus philosophischer Sicht seine "Aura", so verliert es heute aus ökonomischer Sicht seine Anlagesicherheit für Verwertungsgesellschaften.
Aber seien wir ehrlich: Das Problem besteht schon lange. Das technologische Environment hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten zwar gewaltig verändert, aber das passierte nicht von heute auf morgen (Napster gab es schon Ende der 90er). Und eigentlich sind es auch nicht die Kulturschaffenden, die sich am lautesten beklagen, sondern die Konzerne, die für Urheberrechtsabgaben, Vorratsdatenspeicherung, ACTA und SOPA  lobbyieren.
Warum? Viele junge Künstler sind gerade über das Internet erst erfolgreich geworden, einige "alte" haben sich schon vor Jahren auf Creative Commons oder zumindest gratis-Downloads der CDs oder Filme umgestellt und fahren um nichts schlechter als davor, bspw. Nine Inch Nails (Trent Reznor ist bekannt für seine Ausfälle gegen die Plattenfirmen) oder Radiohead. Die Kulturschaffenden vermarkten sich einfach selbst und die Plattenfirmen haben nur noch ihre Marketing-Marionetten aus der Pop-Retorte. Gerade deshalb verstehe ich auch Künstler wie Sven Regener nicht, der sich in einem Interview über Youtube aufregt.

Auf der anderen Seite werden natürlich auch Förderprogramme durch Einrichtungen vergeben, die sich massiv für eine Festplattenabgabe einsetzen, wie etwa die FAMA (Film and Music Austria), und das ist gerade für junge Kulturschaffende (überlebens-)wichtig. Diese Unterstützungen könnten aber auch über andere Töpfe verteilt werden. Eine pauschale Festplattenabgabe ist außerdem kein "Allheilmittel zur Verbesserung der sozialen Lage" der Künstler, wie der grüne Kultursprecher Wolfgang Zinggl feststellt. Einrichtungen wie der FAMA, der Austromechana und der AKM muss endlich klar werden, dass die Konsumenten nicht grundsätzlich Kriminelle sind und dass Urheberrechtsabgaben eigentlich den Urhebern und nicht den Rechteinhabern zustehen.
In Wahrheit ist die Festplattenabgabe eine Cashcow für die Verwertungsindustrie: Es könnten zwischen 50 und 100 Millionen pro Jahr über die Gebühr eingenommen werden, wie hier nachgerechnet wird. Und im Übrigen gab es bereits 2010 ein Urteil vom EuGH, welches feststellte, dass pauschale Urheberrechtsabgaben auf Datenträger nicht zulässig sind. Bevor dann also wieder bis zum EuGH gegen die Festplattenabgabe prozessiert wird, sollten wir uns das Gesetz gleich sparen und stattdessen endlich das Urheberrecht für die stärken, die es wirklich brauchen: Die Künstler.

Mittwoch, 18. April 2012

Stimmenfänger in trüben Gewässern

Eines kurz vorweg: Die Innsbrucker Gemeinderatswahl sehe ich mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Wir Grünen haben einerseits trotz neun Listen und einer massiven Medien- und Materialschlacht seitens Für Innsbruck und ÖVP unsere acht Mandate verteidigen und uns von 18,5% auf 19,1% auch leicht verbessern können und - ganz wichtig - sogar einen zweiten Stadtsenatssitz ergattert - und das bei einem sehr befremdlichen Wahlausgang, mit dem so wohl niemand gerechnet hätte. Andererseits sind wir nicht stärkste Kraft geworden und haben nicht das neunte - mein Kampfmandat - erreicht. Und die geringe Wahlbeteiligung ist auch nicht gerade ein Grund zur Freude.

Vieles war nach der Wahl anders als erwartet: FI liegen nicht mehr vor der ÖVP, die wiederum haben sich trotz Korruptionsskandalen verbessert, die SPÖ hat es ziemlich zerbröselt (was inzwischen schon zu Konsequenzen geführt hat) und die Piraten sind erstmals in einem Gemeinderat in Österreich vertreten.
Peter Pilz möchte deshalb bei der Nationalratswahl einen Piraten-Kandidaten auf einen wählbaren Platz auf der Grünen Liste aufstellen. Aber unabhänig davon, dass sich die Grünen schon länger, intensiver und kompetenter mit Netzpolitik beschäftigen - genannt seien hier Eva Lichtenberger, Marco Schreuder, Albert Steinhauser und die vor kurzem gestartete Sammelverfassungsklage gegen die Vorratsdatenspeicherung - gibt es da auch ein anderes Problem:
Die Piraten fischen ihre Stimmen in trüben Gewässern. Ich war selbst Wahlbeisitzer und habe beim Öffnen der Kuverts nicht schlecht gestaunt, dass die Piraten-Wähler die Bürgermeister-Stimme entweder Rudi Federspiel oder Penz von der FPÖ gegeben haben (oder gar niemandem). Und das war nicht nur in meinem Sprengel so, wie ich von anderen Wahlbeisitzern erfahren habe. Das bedeutet, dass die Piraten als Protestpartei vor allem den Rechten Stimmen gekostet haben und wohl auch zukünftig unzufriedene Gesellschaftsverlierer anziehen werden.

Der grüne Bundesrat Marco Schreuder meint zu Pilz' Idee in der Presse:
"Ich halte sie für nicht unbedingt verfolgenswert." Viele Positionen der Piraten seien zu unklar, manche – Stichwort: Beteiligung von Frauen – sogar grundverschieden. Gerade in Innsbruck habe es auch "rechte Umtriebe" bei den Piraten gegeben – "da wollen wir nicht anstreifen".

Und was die personelle Aufstellung der Piraten in Innsbruck betrifft, analysiert Peter Plaikner in einem Kommentar ziemlich genau:
"Die sogar von der Bundespartei losgelöste Splittergruppe wäre als thematische Surferpartie besser beschrieben. Zwischen ihrem Alexander Ofer und wahren Piraten-Exponenten wie dem Berliner Christopher Lauer liegen nicht nur im intellektuellen Anspruch Welten: Sie verkörpern den Unterschied zwischen Stammtisch-Beliebigkeit und demokratischer Sinnsuche."

Besonders lustig ist finde ich ja, dass die Piratenpartei Tirol (PPT) sich mit der Piratenpartei Österreich (PPÖ) überworfen hat. Der "Volksfront von Judäa-Effekt" (alle, die das nicht verstehen bitte Das Leben des Brian anschauen) ist bei jungen politischen Bewegungen nichts neues. Trotzdem: Kurz vor der Gemeinderatswahl hat es fast so ausgesehen, als ob die PPÖ und die PPT wieder versöhnen wollen: Alle kritischen Artikel gegen die PPT - unter anderem die Pressemeldung vom Ausschluss aus der Bundespartei - sind von der Website der PPÖ verschwunden und die PPÖ gratuliert der PPT jetzt sogar zum Wahlerfolg in Innsbruck. Diese Anbiederung kann nur als Furcht vor den Tirolern und einer feindlichen Übernahme der Marke aus dem Westen interpretiert werden, da die PPT auch bei der Landtagswahl 2013 antreten will. In klassischer Piratenmanier bleibt Ofer aber angriffig und erklärt im Interview:
"Wir wollen mit der PPÖ nichts zu tun haben, das sind Pfuscher. Das sind ein paar Wahnsinnige und meinen sie können Österreichweit die Piratengeschicke lenken. [...] Wir distanzieren uns von der PPÖ. Ich weiß nicht, warum wir uns mit denen abgeben sollten."

Es bleibt also spannend aber unfreundlich auf dem Piratenschiff. Wir werden sehen, wie die Sache weitergeht. Und wer sich bis dahin für echte Netzpolitik interessiert, ist herzlich eingeladen, sich bei den Grünen und auch auf diesem Blog darüber zu informieren. In diesem Sinne: Ahoi!

Sonntag, 8. April 2012

Verfassungklage: Wir machen mit!

Heute vor einer Woche, am 1. April, wurde in Österreich die verdachtsunabhängige Vorratsdatenspeicherung (VDS) eingeführt (siehe dazu auch meine Posts hier und hier). Bisher war es Providern und Telefonanbietern verboten, gewisse Kundendaten länger als für den Verrechnungszeitraum zu speichern, nun sind diese gezwungen alle Standort-, Verbindungs- und sonstige Metadaten für sechs Monate aufzubewahren.
Obwohl keine Inhalte gespeichert werden, lässt sich trotzdem ein eindeutiges Bewegungs- und Kommunikationsprofil erstellen und es ist in Zeiten regelmäßiger Hackerangriffen nicht ausgeschlossen, dass unsere Daten in die falschen Hände gelangen. Diverse Sicherheitsstudien haben gezeigt, dass die VDS gegen Kriminalität und Terrorismus nutzlos ist, weil sie mit einfachen Mitteln zu umgehen ist und damit nur Unschuldige überwacht werden. Die Vorratsdatenspeicherung steht außerdem in klarem Widerspruch zur Europäischen Menschenrechtskonvention und dem Recht auf Privatsphäre und ist bereits in einigen europäischen Ländern wieder aufgehoben worden.

Auch in Österreich regt sich massiver Widerstand:
Am 31. März fanden in allen größeren Städten Demonstrationen gegen die Einführung der VDS statt, darunter auch in Innsbruck, wo ca. 300 Teilnehmer die Privatsphäre symbolisch zu Grabe trugen (viele schöne Fotos gibt's hier, hier und hier).
Der Arbeitskreis Vorratsdaten hat gemeinsam mit den Grünen eine Sammel-Verfassungsklage gestartet. Unter www.verfassungsklage.at können sich bis 18. Mai alle Bürgerinnen und Bürger eintragen, die sich gegen Pauschalverurteilungen und den "gläsernen Bürger" aussprechen, außerdem liegen die Formulare auch im Grünen Büro (Museumstrasse 11) auf. Auch wir haben bei der Demo fleißig gesammelt und schon viele Klagen beisammen.
Zeigen wir der Bundesregierung, dass wir nicht bereit sind, uns „auf Vorrat“ überwachen zu lassen und setzen wir gemeinsam ein Zeichen gegen den Überwachungsstaat und für unsere Privatsphäre!

Guy Fawkes auf der Demo in Innsbruck
Sonja Pitscheider, ich und
viele Verfassungsklagen











Donnerstag, 29. März 2012

Ciao Privatsphäre - Hallo Überwachungsstaat

"Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu befürchten". Seit über einem Jahrzehnt hören wir diesen Satz immer und immer wieder und es scheint, als würden einige Politiker noch immer daran glauben. Wie könnte es sonst sein, dass am 1. April die verdachtsunabhängige Vorratsdatenspeicherung in Kraft tritt (siehe auch Ein schlechter Aprilscherz)?
Ab kommendem Sonntag werden alle unsere Verbindungs- und Kommunikationsdaten für sechs Monate gespeichert, darunter fallen sämtliche Telefonate, E-Mails, SMS, Internetverbindungen usw. Es werden zwar keine Inhalte gespeichert, trotzdem lässt sich mit den Verbindungsdaten ein eindeutiges Bewegungs- und Kommunikationsprofil erstellen, wie der deutsche Grüne Malte Spitz in einem eindruckvollen Experiment unter Beweis gestellt hat.
Unabhängig davon, dass die Vorratsdatenspeicherung die Unschuldsvermutung genau umdreht - alle sind pauschal verdächtig - bringt sie so einige technische Probleme mit sich: Wer darf überhaupt auf die gespeicherten Daten zugreifen? Wie werden die unterschiedlichen Datensätze aufbewahrt und ausgetauscht? Und - in Zeiten regelmäßiger Hackerangriffe und Leaks - am Wichtigsten: Wer garantiert, dass die über uns gespeicherten Informationen auch wirklich geschützt sind? Die Antwort ist leider: Niemand.

Darum hat sich in Innsbruck, wie schon gegen ACTA, eine überparteiliche Plattform gebildet, die kommenden Samstag, 31.03., eine Demo organisiert hat. Wir starten um 13:00 beim Landesmuseum und werden dann über Wilten, den Südring (Motto: "Der Datenhighway ist blockiert") und das Olympiastadion zum Rapoldipark ziehen, wo Koschuh der Privatsphäre eine Grabrede halten wird.

Weitere Infos zur Demo:

» Event auf Facebook
» Google Map der Demo
» Gegen VDS
» AK Vorrat



Wir wollen mit dieser Demonstration der Regierung zeigen, dass wir nicht bereit sind unsere Freiheit gegen (Pseudo-)Sicherheit einzutauschen. Dass sich Proteste auszahlen, haben wir schon bei ACTA gesehen, deshalb müssen sich auch diesmal wieder so viele wie möglich beteiligen!
Wie bei einem Trauerzug üblich, sollten alle in dunkler Kleidung kommen. Wir bitten von Beileidsbekundungen nicht Abstand zu nehmen, sondern diesen lautstark Ausdruck zu verleihen ;-)

Weiterführende Links zum Thema (kleine Auswahl):

» Falter: Die überwachte Republik
» Der Standard: Ab 1. April stehen alle Bürger unter Generalverdacht
» Der Standard: Vorratsdaten: Was wird gespeichert?
» Die Presse: PRO: Vorratsdaten-Regelung bringt Rechtssicherheit
» Die Presse: CONTRA: Vorratsdaten? Wehe, wenn die Hacker kommen

Montag, 19. März 2012

[Off-Topic] Hofgarten Reloaded

Wie vielleicht einige von euch wissen, war ich Mit-Initiator des Hofgarten Flashmobs letztes Jahr im April (mehr dazu siehe derStandard, TT, ProvInnsbruck), wo sich an die tausend Leute friedlich und gemütlich ins Gras gesetzt haben, um gegen das unsinnige Sitz- und Liegeverbot zu demonstrieren.

Die Kampagne Meine Stadt - Meine Zukunft (von AKS, Jusos und VSSTÖ) hat letzten Samstag wieder zu "free Hofgarten" aufgerufen, um das Thema etwas in den Vordergrund zu rücken und wahrscheinlich auch, weil grad Wahlkampf ist ;-)

Natürlich haben wir Grünen es uns nicht nehmen lassen, auch mit dabei zu sein - schließlich fordern wir ja ebenfalls die Freigabe aller Liegewiesen im Hofgarten und mehr Freiräume ohne Konsumzwang in Innsbruck  (siehe auch unser Wahlprogramm). Es waren zwar nur zwischen 30 und 50 Menschen dabei, trotzdem war die Stimmung super und wir haben's uns in der Wiese gut gehen lassen. Ich würd mich sehr freuen, wenn wir auch diesen Frühling und Sommer noch viele schöne Stunden im Hofgarten sitzen und liegen können, ohne dass uns die Parkaufseher verjagen. Und außerdem warten wir noch immer drauf, dass die Bürgermeisterin wie versprochen mit den Bundesgärten verhandelt (siehe Martin Hofs Blog hier und hier), damit der Hofgarten endlich ein FREIraum der Erholung in Innsbruck wird.


Donnerstag, 16. Februar 2012

Zehntausende demonstrieren gegen ACTA

Vergangenen Samstag fand in Innsbruck eine Demo gegen das Anti-Piraterie-Abkommen ACTA mit über 1.000 Teilnehmern statt - ein voller Erfolg! Gleichzeitig wurde auch in hunderten anderen Städten in Europa demonstiert, insgesamt waren es zwischen 150.000 und 200.000 Menschen.

Ich war natürlich mit dabei und habe auch eine kleine Rede gehalten (siehe Video unten):

Weitere Fotos der Innsbrucker Demo findet ihr hier, Presseberichte gibt es u.a. in Tiroler Tageszeitung, Standard, Presse, und natürlich auch von ProvInnsbruck.






Dieses deutliche Signal kann und darf von der Politik nicht einfach heruntergespielt oder ignoriert werden. Und wie es scheint, tut sich auch einiges: Weitere Länder haben das Abkommen auf Eis gelegt, die Niederlande wollen erstmal ein EuGH Urteil abwarten und auch in der österreichischen Regierung sind schon kritische Stimmen aus der zweiten Reihe aufgetaucht. Und was noch wichtiger ist: Im EU-Parlament könnte sich eine Anti-ACTA Koalition bilden, welche das Abkommen in letzter - und höchster Instanz - ein für alle Mal dort hinbringen würde, wo es hingehört, und zwar "In den Papierkorb!", wie es die grüne Europa-Abgeordnete Eva Lichtenberger deutlich auf den Punkt bringt.


Eva Lichtenberger spricht bei der Innsbrucker "Act against ACTA" Demo

Leider gibt es nicht nur kompetente Politiker, die sich dieses Themas annehmen, sondern auch solche, die mit haarstäubenden Beispielen (ganz zu schweigen vom Akzent) versuchen, uns ACTA einzureden. Peinlicher geht's fast nicht:

Montag, 6. Februar 2012

ACT against ACTA - Demo in Innsbruck

Am 11.2. findet der weltweite Aktionstag gegen ACTA in hunderten Städten statt, auch hier in Innsbruck! Treffpunkt ist um 13:30 beim Landestheater, die Demo startet um 14:00. Organisiert wird das ganze von der überparteilichen Plattform gegen ACTA Innsbruck, bestehend aus #unibrennt, hackerspace/IT-Syndikat, Initiative für Netzfreiheit, Grüne Innsbruck, PUFL-GRAS, VSSTÖ, JuSos, KSV, KJÖ, Piratenpartei und Privatpersonen.

Weitere Informationen findet ihr hier:

» Facebook Event (Innsbruck)
» Facebook Event (weltweit)
» Stopp Acta
» Unterschriftenkampagne bei AVAAZ
» Google Map der Innsbrucker Demo
» Google Map mit allen Demos

Wir sehen uns am Samstag :-)

Sonntag, 29. Januar 2012

Legt ACTA endlich ad acta!

Es geht Schlag auf Schlag: Nur einige Tage nachdem die massive Internet-Demonstration gegen SOPA inklusive Wikipedia-Blackout stattgefunden hat, formiert sich endlich auch der Widerstand in Europa gegen das unsägliche "Anti-Counterfeiting Trade Agreement". ACTA soll ein internationales Handelsabkommen gegen Produktpiraterie werden, das jedoch die technologischen Möglichkeiten zur allgemeinen Überwachung in bisher ungekanntem Ausmaß bereitstellt:
Um sicherzustellen, dass die Nutzer nichts urheberrechtlich Geschütztes ins Internet hochladen, könnten die Provider gezwungen werden, sowohl den Datentransfer der User als auch die eigenen Server konstant nach geschütztem Material zu durchforsten. Das bedeutet, dass alle unsere Daten immer gescannt würden, unabhängig davon, ob wirklich eine Urheberrechtsverletzung stattgefunden hat oder nicht!
George Orwells "1984" ist schon oft beschworen worden in den letzten Jahren, aber ich frage mich langsam wirklich, warum wir uns immer weiter in diese Richtung bewegen, anstatt in die entgegengesetzte. Das Internet soll die Möglichkeiten der Freiheit erweitern und nicht einschränken.

Dennoch gibt es Hoffnung: Das EU-Parlament scheint zum Glück nicht so verblendet zu sein wie die nationalen Regierungen und der Rat der EU, welche am 26. Jänner 2012 das Abkommen in Japan unterzeichnet haben (die USA, Kanada, Japan, Australien und andere haben das Abkommen bereits am 1. Oktober 2011 unterzeichnet). Sollte das EU-Parlament im April oder Mai nicht zustimmen (was diverse Fraktionen und Parlamentarier - darunter natürlich auch die Europäischen Grünen - bereits angekündigt haben), könnte das Abkommen entweder massiv entschärft oder komplett zu Fall gebracht werden.

Im polnischen Parlament hat sich die linksliberale Fraktion "Ruch Palikota" demonstrativ Guy-Fawkes-Masken aufgesetzt als es zur Abstimmung um ACTA kam:


Und auch an einer weiteren Front gibt es Protest gegen ACTA: Das Hackerkollektiv Anonymous hat die Seite des Europäischen Parlaments über Stunden mittels DDOS-Attacken lahmgelegt, und AnonAustria hat die Seiten des österreichischen Justitzministeriums und des Bundeskanzleramtes angegriffen, die ebenfalls für Stunden nicht erreichbar waren.

Was ich an der ganzen Sache am Besten finde ist, dass damit die Themen Datenschutz und Internet-Rechte endlich medial und innerhalb der Bevölkerung mehr Beachtung finden. Bis Ende letzten Jahres war es den meisten Usern egal, welche Gesetze die Regierungen unter Anleitung der "Content-Mafia" forcieren, durch SOPA und ACTA werden inzwischen viele aufgerüttelt aus ihrem Dornröschen-Schlaf in der virtuellen Welt.

In diesem Sinne möchte ich alle auffordern, selbst gegen ACTA atkiv zu werden, sich zu informieren und zu protestieren: Auf Facebook hat der Grüne Bundesratsabgeordnete Marco Schreuder die Initiative Österreich muss raus aus ACTA ins Leben gerufen und die Piratenpartei informiert auf der Plattform Stopp ACTA.

Mittwoch, 18. Januar 2012

Ein Tag ohne Wikipedia?

Wie ich bereits gebloggt habe, sind die Netzcommunity und auch viele große Webseiten und Internetfirmen zur Zeit in heller Aufregung wegen zwei Gesetzesvorlagen im Repräsentantenhaus und im Senat der USA: SOPA und PIPA.

Der "Stop Online Piracy Act" (aufbauend auf den "PROTECT IP Act") will vorgeblich das Urheberrecht schützen, zielt aber eigentlich in Richtung der User, welche nicht rechtefreies Material ins Internet stellen, der Provider, die das zulassen und sogar auf diejenigen, die es konsumieren und ermöglicht es, mittels Gerichtsbeschluss ganze Websites abschalten zu lassen.

Jetzt denken sicher einige: Kein Problem, ich stelle nichts urheberrechtlich Geschütztes ins Netz, lade nichts herunter und schaue auch nichts an, was geht mich das an?
Die Antwort ist (leider): Viel.
Ein Beispiel: Irgendein User aus irgendeinem Land, stellt auf eine amerikanische Website - Youtube, Wikipedia, Facebook - ein Foto oder Video, dessen Rechte bei einem großen Medienkonzern liegen. Laut SOPA könnte dieser Konzern vor Gericht gehen und verlangen, dass Youtube blockiert werden muss. Diese Seite dürfte dann auch von Suchmaschienenbetreibern nicht mehr aufgelistet werden, was einer Zensur des Internets gleichkommt. Websitebetreiber, Hoster, Provider und auch User werden somit zu den Leidtragenden des Copyright-Schlachtfelds. Das darf nicht sein!

Aus diesem Grund hat sich die Initiative Web goes on Strike formiert, um das Internet am 18. Jänner 2012 zu "bestreiken". Neben vielen anderen Websites hat Wikipedia beschlossen, die englische Seite  ab 6 Uhr MEZ für 24 Stunden weltweit zu "blackouten". Auch Google, WordPress, Mozilla, Reddit, das Internet Archive und viele weitere unterstützen den Protest. Für einen Tag wird es fast sein, wie wenn SOPA schon beschlossen wäre. In diesem Sinne: Happy Internet Censorship Awareness Day!

Sonntag, 15. Januar 2012

Ein schlechter Aprilscherz

Am 1. April 2012 tritt in Österreich die Vorratsdatenspeicherung in Kraft: In vorauseilendem, blinden Gehorsam hat die Bundesregierung die Umsetzung der "EU-Richtlinie zur verdachtsunabhängigen Vorratsdatenspeicherung" (2006/24/EG) beschlossen - und das, obwohl diese EU-Richtlinie in mehreren anderen EU-Staaten für Verfassungswiedrig erklärt worden ist.

Konkret sollen alle Kommunikationsdaten - E-mails, SMS, Telefonate, Standortdaten usw. - für 6 Monate gespeichert und Polizei und Justiz zur Verfügung gestellt werden. Dieses Instrument der Totalüberwachung steht aber in krassem Widerspruch zum Grundrecht auf Privatsphäre (Artikel 8 der europäischen Menschenrechtskonvention).

Die BürgerInneninititative Stoppt die Vorratsdatenspeicherung setzt sich für eine Aufhebung der EU-Richtlinie und für ein europaweites Verbot der verdachtsunabhängigen Vorratsdatenspeicherung ein. Unterstützt wird die Aktion des AK Vorrat von den Grünen, der Piratenpartei, dem Ludwig Bolzmann Institut für Menschenrechte und vielen mehr. Also unbedingt unterschreiben, denn "Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz" (Art. 8 EMRK)!